Wer hätte dies gedacht, als wir im Jahre 2012 die Restaurierungsarbeiten unserer Stadtpfarrkirche begonnen haben? Unsere Pfarrkirche wurde im Jahr 1266 erstmals urkundlich erwähnt *, und so konnten wir davon ausgehen, dass vor unserer gotischen Basilika zumindest ein romanischer Vorgängerbau an diesem Ort bestanden hat. Da aufgrund der Feuchtigkeitsschäden in Mauern und Säulen der Steinboden in der ganzen Kirche entfernt werden musste, bot sich die einmalige Gelegenheit zur ersten systematischen archäologischen Grabung auf Landecker Stadtgebiet – und gleich am prominentesten Ort der Stadt. Diese Grabung enthüllte eine Geschichte, die bis ins 5. Jhdt. n.Chr. zurückreicht. Denn die erste Kirche, eine spätrömische Saalkirche, wird in die Zeit zwischen 430 und 480 n.Chr datiert. Sie wurde schon um das Jahr 500 um eine Apsis mit einer relativ großen Priesterbank und einer eigenen Taufkapelle erweitert, von der die Fundamente und das frühchristliche Taufbecken erhalten geblieben sind. Diese Funde belegen, dass also schon im 5. Jhdt. n. Chr. hier eine relativ große christliche Gemeinde bestanden hat, die an der Via Claudia Augusta gelegen war und vermutlich – aufgrund der großen Priesterbank, die Platz für 5 bis 7 Priester bot – mit einem Kloster verbunden war, (wie es zum Beispiel auch in Säben, dem ersten Bischofssitz in Tirol, der Fall war).
Die zweijährige archäologische Grabungskampagne ergab, daß zwei frühchristliche und zwei romanische Kirchen und eine gotische Kirchen an dieser Stelle unserer spätgotischen Pfarrkirche vorausgegangen sind. Diese ist also die sechste Kirche an diesem Ort, deren Neubau vor allem der Stifterfamilie des Oswald von Schrofenstein zu verdanken ist und eine bedeutende Vergrößerung zur gotischen Vorgängerkirche darstellt. Neben vielen frühchristlichen und mittelalterlichen Gräbern fanden sich auch Münzen, Schmuckstücke und andere Grabbeigaben, über welche die Festschrift zum 1.500-Jahr-Jubiläum und zum Abschluss der Restaurierung unserer Kirche näher berichten wird. Aufsehenerregend war der Fund eines Grabes, das mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte Ruhestätte des Stifters Oswald von Schrofenstein ist. Dem Skelett, dem ein Bein fehlt, welches aber mit Sicherheit erst später aus dem Grab entnommen wurde, waren ein Schwert, zwei Sporen und einige weitere kleinere Objekte beigegeben, was neben dem Alter des Verstorbenen, dem Alter des Grabes auf den ritterlichen Status des Verstorbenen und neben einigen anderen Faktoren auf Oswald von Schrofenstein schließen lässt, der ja als Richter in Landeck ein hohes Amt bekleidete. Die Prinzipien unserer Restaurierung waren klar und mit dem Bundesdenkmalamt und dem bischöflichen Bauamt abgestimmt: Soweit wie möglich die originale Bausubstanz restaurieren und damit das ursprüngliche Konzept unserer Kirche wieder zur Geltung bringen, die (noch) vorhandenen Kunstwerke aus der Romanik, der Gotik, des Barock und der Neugotik restaurieren und an die vermutlich originalen Standorte zurückzuführen. Gleichzeitig sollte der Altarraum für die Liturgie neu gestaltet werden und notwendige Orte, wie z.B. der Beichtstuhl oder der Windfang in zeitgemäßer und ansprechender Form ausgeführt werden mit dem Ziel, zu einer gelungenen Synthese zwischen Altbestand und Elementen unserer Zeit zu kommen.
Über die verschiedenen Bauphasen wurde schon in den vergangenen Pfarrbriefen und bei Pfarrversammlungen immer wieder berichtet. Viermal musste die Kirche in den Sommermonaten für die Baumaßnahmen geschlossen werden – eine empfindliche Einschränkung für unsere Pfarrgemeinde. In dieser Zeit stellte uns das Altersheim Landeck den großen Saal für die Gottesdienste an den Samstagabenden und an den Sonntagen zur Verfügung, wofür ich auch an dieser Stelle dem Altersheim, insbesondere dem Heimleiter, Hr. Reinhard Scheiber, für ihr Entgegenkommen herzlich Vergelt’s Gott sagen möchte.
So können wir uns freuen, dass die Restaurierung unserer Pfarrkirche vorläufig im August heurigen Jahres zum Abschluss kommt und mit verschiedenen Veranstaltungen und Gottesdiensten über den Zeitraum von zwei Wochen feierlich begangen wird. Da unsere Diözese Innsbruck zur Zeit keinen eigenen Bischof hat, habe ich den emeritierten Erzbischof von Salzburg, Dr. Alois Kothgasser, gebeten, zu den Feierlichkeiten nach Landeck zu kommen, um den Neuen Hauptaltar zu weihen und Ambo und Tabernakel zu segnen, deren Stein aus dem Heiligen Land stammt und ‚Jerusalemstein‘ genannt wird. Die Reliquien, die zum neuen Hauptaltar gehören und in die Bodenplatte eingelassen werden, konnte auf meine Bitte hin Bischof Manfred für unsere Pfarrkirche organisieren: Eine Reliquie vom Oberländer Märtyrer, dem seligen Otto Neururer, der ja ganz in der Nähe am Piller das Licht der Welt erblickte, und eine Reliquie vom hl. Bekenner Papst Johannes XXIII, Angelo Roncalli, der das II. Vatikanische Konzil einberufen und damit den Erneuerungsprozess unserer Kirche zu Beginn der 1960iger Jahre begonnen hat und von Papst Franziskus am 27. April 2014 heiliggesprochen wurde.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die sich für die Restaurierung unserer Stadtpfarrkirche eingesetzt haben – aktiv aber auch als Subventionsgeber, Spenderinnen und Spender. Entscheidenden Anteil am Gelingen der Restaurierung hat unser Architekt, DI Friedrich Falch, der mit Herzblut an dieses Projekt herangegangen ist und von der ersten Stunde an dabei war. Die Planung und Umsetzung waren bei ihm in besten Händen, von großer Erfahrung und Kompetenz geleitet. Auch die künstlerische Gestaltung des Altarraumes und aller neuen Gestaltungselemente wie z. B. der Windfang oder der Beichtstuhl, die Vitrine oder die Beleuchtung tragen seine Handschrift. Für seinen unermüdlichen Einsatz möchte ich ihm ein herzliches Vergelt’s Gott aussprechen.
Großer Dank gebührt dem Restaurierungsausschuss, der gemeinsam mit Architekt Falch die Hauptlast der Planung und Begleitung zu tragen hatte, und all jenen, die dieses Projekt begleitet haben; insbesondere den Mitarbeitern des Architekturbüros Friedrich Falch, des bischöflichen Bauamts und des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat Innsbruck.
Aber auch dem Pfarrkirchenrat und dem Pfarrgemeinderat danke ich herzlich für ihre Mitarbeit, ebenso den Mesnerinnen und Mesnern, den Flüchtlingen und den Mitgliedern der Stadtschützenkompanie, die tatkräftig Hand angelegt haben, wenn es um die Übersiedlungen von der Kirche ins Altersheim und retour, aber auch beim Ausräumen und Wiedereinräumen der Kirche im Zuge der Bauarbeiten gegangen ist. Ich danke Oberst i.R. Gerold Parth für seine Vermittlung und dem Österreichischen Bundesheer dafür, dass wir die Kunstwerke unserer Kirche im Depot der Pontlatzkaserne sicher lagern konnten. Herzlich danken möchte ich allen Firmen und Restauratoren, die an diesem Restaurierungsprojekt tätig waren und die Großartiges geleistet haben. Namentlich werden sie dann in der Festschrift aufgeführt und bedankt. Als dies wurde nur deshalb möglich, weil viele zum Budget des Projektes beigetragen haben: Die Kulturabteilung des Landes Tirol, die Landesgedächtnisstiftung, das Bundesdenkmalamt, die Stadt Landeck, die Diözese Innsbruck, viele Patinnen und Paten, die eine Patenschaft für die Restaurierung eines Kunstwerkes übernommen haben, Prof. Elmar Peintner, der uns einen ganz besonderen Baustein zur Verfügung gestellt hat, und die vielen Spenderinnen und Spender, die durch kleinere oder größere, einmalige oder regelmäßige Spenden dieses Projekt finanziell getragen haben. Allen ein herzliches Vergelt’s Gott für ihre Unterstützung und Solidarität.
So steht ein Jahrhundertprojekt vor seinem vorläufigen Abschluss; einiges musste leider offenbleiben, wie z.B. die neuen Glasmalereifenster, die neuen Kirchentüren und einiges mehr. Diese Elemente können nun in den nächsten Jahren langsam ihrer Realisierung entgegengehen, je nach der Höhe des Spendenaufkommens, die auch weiterhin erbeten werden. So bleibt es nun an uns, an unserer Pfarrgemeinde, diese neu restaurierte Kirche vom Hohen Frauentag an in all ihren Möglichkeiten zu nutzen – im Gebet und in den Gottesdiensten, geistlichen Konzerten und Sakramentenfeiern. Möge der Herr unser Miteinander segnen und mit lebendigen Steinen unsere Gemeinde weiterbauen zu seinem Lob und zu unserer Freude.